GEGENWARTSDEBATTEN
"Diskursanalyse mit Foucault"
Prof. Dr. Rainer Diaz-Bone
Universität Luzern
Freitag, den 11. Oktober 2024 um 16:00 Uhr (MESZ)
Zum Thema:
Der französische Wissenschaftshistoriker und Philosoph Michel Foucault (1926-1984) zählt zu den einflussreichsten Gesellschaftsanalytikern des 20. Jahrhunderts. Insbesondere seine Analyse gesellschaftlich institutionalisierter Denksysteme (wie im Bereich des Strafwesens, der Ökonomie, der Psychiatrie oder der Sexualität) haben international und interdisziplinär maßgeblichen Einfluss auf die gegenwärtigen Sozialwissenschaften ausgeübt. Im Zentrum der Foucaultschen Arbeiten steht das Konzept des Diskurses sowie die methodologischen Reflexionen zu seiner Anwendung. Dabei wird unter Diskurs kein Gespräch und kein philosophisches Reflektieren verstanden, sondern eine Wissensordnung, die in einem sozialen Bereich reglementiert, was sagbar und denkbar ist. Diskursen wird damit durch Foucault eine eigene Wirkmächtigkeit zuerkannt, die das kollektive Weltverständnis aber auch die gesellschaftlichen Umgangsweisen mit Menschen erst formiert.
Unter dem Begriff der „Foucaultschen Diskursanalyse“ werden dann die Forschungspraktiken zusammengefasst, die solche von Foucault konzipierten Diskurse auf ihre interne Organisation hin untersuchen und die versuchen zu identifizieren, wie Diskurse spezifische Denkweisen ermöglichen und welche manifesten Folgen das hat. Die Diskursanalyse wird erweitert, indem man den Zusammenhang von Diskursen mit den institutionellen Settings untersucht, in denen sie als „Wissensregime“ verankert sind. Diese Erweiterung lässt die Diskursanalyse übergehen in die so genannte Dispositivanalyse.
Tatsächlich hat Michel Foucault zwar selbst eine Reihe materialer Diskursanalysen sowie methodologische Ausführungen vorgelegt. Er hat aber keine praktische Methode mit konkreten Schritten, Techniken, Kriterien etc. ausgearbeitet. Diese „Methodologisierung“ wird seitdem in den Sozialwissenschaften aufgenommen.
Der Vortrag führt in die Foucaultsche Diskursanalyse ein und zeigt Anwendungsmöglichkeiten, Erklärungsleistungen sowie insgesamt die Eigenheiten der Foucaultschen Perspektive auf.
Zum Referenten:
Rainer Diaz-Bone studierte Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum mit dem Schwerpunkt angewandte Sozialforschung (Diplom 1996). Anschließend war er von 1996 bis 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover tätig und promovierte im Jahre 2001 im Fach Soziologie an der Universität Trier mit der Dissertation „Kulturwelt, Diskurs und Lebensstil. Eine diskurstheoretische Erweiterung der Bourdieuschen Distinktionstheorie“. Er erhielt 2004 den Dissertationspreis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Von 2002 bis 2008 war er wissenschaftlicher Assistent am Lehrbereich empirische Methoden und Statistik des Instituts für Soziologie der Freien Universität Berlin. Es folgte die Vertretung der Professur Methodenlehre im FB IV-Soziologie an der Universität Trier von 2007 bis 2008. Rainer Diaz-Bone habilitierte sich dann im Jahre 2008 am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin (Venia Legendi für Soziologie). Seine kumulative Habilitationsschrift „Felder und Konventionen in der Wirtschaft“ behandelt die theoretischen und methodischen Grundlagen der neuen französischen Wirtschaftssoziologie. Ebenfalls 2008 wurde er als ordentlicher Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt qualitative und quantitative Methoden an die Universität Luzern berufen. Im Herbstsemester 2012 und im Frühjahrssemester 2017 war er eingeladener Gastwissenschaftler am Laboratoire «Institutions et dynamiques historiques de l’économie et de la société» (IDHES) an der Ecole Normale Supérieure (Paris-Saclay) sowie im Frühjahrssemester 2017 zusätzlich am Collège des Bernardins (Paris). Im Sommer 2019 war er eingeladener Gastwissenschaftler an der Universität Lille. Von 2018 bis 2021 war er Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie.
Zur Veranstaltungsreihe:
Mit der Veranstaltungsreihe „Gegenwartsdebatten“ öffnen wir die Türen des Instituts für außerrechtliche Perspektiven auf die Forschungsfelder des Instituts. Wir laden herausragende Forschende aus den Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften zum transdisziplinären Dialog über Rechtsthemen der Gegenwart ein. Die Veranstaltungen sind offen für alle Interessierten.
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